Herausforderung: Materialmix und Vorgeschichte von Rezyklaten

Bindenähte sind aufgrund der Integration von Funktionen und aus Sicht des Leichtbaus nahezu in allen technischen Bauteilen vorhanden. Im Konstruktionsprozess wird mit numerischen Simulationsmethoden oder mittels Erfahrungswerte versucht, Bindenähte in weniger stark belastete oder nicht sichtbare Bauteilbereiche zu verlagern. Dies gelingt nicht immer wie gewünscht, denn durch äußere Einflüsse wie Rheologie der Schmelze, Prozessführung oder Bauteilgeometrie verschiebt sich die Bindenaht oft in nicht vorherbestimmte, kritische oder ausfallrelevante Bauteilbereiche.
Wird man erst bei der Bauteilbemusterung oder beim Freigabeversuch durch einen vorzeitigen Schadensfall darauf aufmerksam, sind Produktionsstart und Liefertermine meist nicht mehr einzuhalten. In einem so fortgeschrittenen Stadium der Bauteilfreigabe, sind Änderungen am Angusssystem oder am Bauteildesign nur unter hohem finanziellem und zeitlichem Aufwand möglich.
Mit dem verstärkten Einsatz von Rezyklaten durch die ELV-Verordnung der EU, ist die Zuverlässigkeits- und Lebensdauerbewertung von Rezyklaten eine besondere Herausforderung. Durch den Materialmix und die Vorgeschichte, weisen Rezyklate einen stärkeren Schwankungsbereich der Rheologischen-, Morphologischen- und Prozesseigenschaften auf, welche für Bindenähte eine besondere Herausforderung sind.
Forschungsfragen zu Wirkzusammenhängen von Bindenähten in hochbeanspruchten Anwendungen
Dabei sollen mit den folgenden Forschungsfragen, grundlegende Wirkzusammenhänge aus Rheologischen-, Morphologischen-, Prozess und Langzeiteigenschaften in hochbeanspruchten Anwendungen untersucht werden:
Durch die Kenntnisse der Wechselwirkungen aus Rheologie, Morphologie und Prozess können Bindenähte hinsichtlich deren Zuverlässigkeit und Langzeiteigenschaften besser bewertet werden. Diese Kompetenz eignen sie sich in diesem industriellen Verbundvorhaben „Design for Reliability – Bindenähte in technischen Bauteilen“ an. Nehmen sie teil und profitieren sie vom KnowHow des Fraunhofer LBF.
Grundlegende Literaturrecherche und Auswertung
Basierend zu den im Verbund ausgewählten Materialien (z.B. PP, rPP, PA6, rPA6 oder PPA) sowie unter Berücksichtigung deren Füll- und Verstärkungsstoffen wird eine orientierende Recherche verfügbarer Materialien durchgeführt. Dazu werden die Materialeigenschaftsprofile und die zu erwartende Bindenahtqualität zusammengestellt und erste resultierende Herausforderungen abgeleitet.
Ermittlung der rheologischen- und morphologischen Eigenschaften zur Abschätzung der anwendungsspezifischen Eignung und Bindenahtqualität
Mit Hilfe von analytischen Untersuchungen wird der Istzustand hinsichtlich der rheologischen- und morphologischen Materialeigenschaften ermittelt. Diese dienen zur Bewertung und Beschreibung, sowie der Ableitung von Prozessparametern für gute oder schlechte Bindenahtqualität.
Untersuchung der Langzeiteigenschaften
Mittels eines Spitzgießwerkzeuges mit speziellen Einsätzen werden am Fraunhofer LBF Prüfkörper mit Bindenaht hergestellt. Dabei sollen Prozessparameter gezielt so beeinflusst werden, dass „gute“ und „schlechte“ Bindenahteigenschaften resultieren. An diesen soll gezielt die Wechselwirkung der Kerbwirkung (Form des umflossenen Kerns) auf die statischen und zyklischen Langzeiteigenschaften untersucht werden.
Mikroskopische und makroskopische Morphologie in der Bindenaht
Ein besonderes Augenmerk soll auf die mikroskopische und makroskopische Morphologie in der Bindenaht gelegt werden. Mikroskopisch wird der Bereich der Bindenaht mittels µ-CT und Mikroskopie auf die lokale Faserorientierung und Zusammenfluss der Schmelzefließfronten untersucht. Makroskopisch wird die Rissinitierung und die Rissausbreitung sowie das Schadensbild unter statischer und zyklischer Beanspruchung untersucht.
Ableiten eines Maßnahmenkataloges
Die ermittelten Materialeigenschaften aus Rheologie, Mechanik sowie aus mikroskopischer und makroskopischer Morphologie fließen in einen Maßnahmenkatalog zur Zuverlässigkeitsbewertung ein. Mit diesem Maßnahmenkatalog sind die Verbundpartner in der Lage, die Prozessparameter, die Langzeiteigenschaften und die Zuverlässigkeit besser bewerten zu können und in der frühen Phase der Produktentwicklungen auf kritische Zustände und Bereiche der Bindenaht aufmerksam zu werden.
Die teilnehmenden Verbundpartner sind damit in der Lage ihre Anforderungen gezielt an Materiallieferanten, Fertiger und Zulieferer zu adressieren und haben damit die Möglichkeit ihre Materialrezepturen, das Bauteildesign oder die Prozessparameter anforderungsgerecht anzupassen.
Know-how aufbauen und mit Vorsprung am Markt bleiben
Teilnehmende Partner dieses Verbundprojekt werden befähigt:
Diese Verbundprojekt richtet sich an Firmen entlang der Wertschöpfungskette beginnend vom Granulat bis hin zum fertigen Bauteil: