Wasserstofftechnologie: Neue Dichtungsmaterialien für den Transport von Wasserstoff in Erdgasleitungen und Tankwagen

Dichtungsmaterialien für den Transport von Wasserstoff

Im Zuge der Energiewende stellt die Verwendung von Wasserstoff als Energieträger eine der Schlüsseltechnologien dar. Besonders im Bereich des Transports von Wasserstoff und bei Tanksystemen für Brennstoffzellen-Fahrzeuge werden höchste Anforderungen an die verwendeten Dichtungsmaterialien gestellt, da Leckagen aufgrund der Explosivität nicht toleriert werden können. Die Verwendung von Elastomerdichtungen ist in der aktuellen Erdgasinfrastruktur fest etabliert und stellt somit auch für den Wasserstofftransport eine Schlüsselkomponente dar. Auch im Hinblick der Weiternutzung der bereits vorhandenen Leitungssysteme für Wasserstoff stehen die Elastomerdichtungen im Fokus, wobei das Medium Wasserstoff nochmal besondere Herausforderungen an die verwendeten Dichtelemente stellt.

Der Systemdruck bei ersten Serienanwendungen von Wasserstofftanksystemen liegt bei 350 bar, wobei zukünftige Entwicklungen auf Anwendungen mit 700 bar Nenndruck oder darüber hinaus anstreben. Zusätzlich zu den enormen Belastungen der Dichtungen durch den Druck kommen noch Temperaturbereiche von -40 °C bis 85 °C hinzu, die bei Betankungsvorgängen auftreten können. Aufgrund der geringen Molekülgröße von Wasserstoff ist zudem noch die Migration von Wasserstoff in und durch die Dichtelemente zu berücksichtigen. Diese führt zum einen zum Quellen der Dichtungselemente, was für die Bauteilauslegung zu berücksichtigen ist. Zum anderen kann vom Material absorbierter Wasserstoff bei starkem Druckabfall zu einer schlagartigen Volumenausdehnung führen, welche das Bauteil schädigen kann, sodass ein schnelles Entweichen des Gases aus dem Dichtungskörper ermöglicht wird. Zusätzlich zu den hohen Anforderungen an die nominellen Eigenschaften der Dichtungen ist bei Elastomerwerkstoffen über die Nutzungsdauer mit Alterungseffekten zu rechnen, welche die Dichteigenschaften verändern. Auch diese Effekte werden von wirkenden mechanischen Lasten, Temperaturen und Medien stark beeinflusst und sind daher in der Auslegung ebenfalls zu berücksichtigen.

Es existieren bisher nur wenige gesicherte Erkenntnisse zum Einsatz von Elastomeren im Zusammenspiel mit Wasserstoff. Mit diesem Verbundprojekt soll ein grundlegendes Verständnis für das Verhalten von elastomeren Dichtungen im Einsatz unter Wasserstoff geschaffen werden. Das Ziel des Projektes HydroTransSeal ist es, die Wechselwirkungsmechanismen von Wasserstoff mit Elastomerwerkstoffen zu verstehen sowie geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um die Werkstoffe für den Kontakt mit Wasserstoff (z.B. durch die Auswahl geeigneter Füllstoffe und Additive) gegenüber Permeation, Adsorption und Quellung robuster zu gestalten. Aktuell erfolgt der Transport von Wasserstoff noch vorwiegend mit Tanklastwagen und es existieren nur wenige Leitungssysteme. Daher gilt es, in bestehenden Leitungssystemen eingesetzte Elastomerdichtungen hinsichtlich ihrer Eignung für den Wasserstofftransport zu bewerten und gegebenenfalls für die Verwendung zu qualifizieren, um so den Wasserstofftransport vereinfachen zu können. Durch die Entwicklung eines Material- und Alterungsmodells soll basierend auf dem alterungsabhängigen Werkstoffverhalten der Materialen eine Lebensdauerabschätzung für die Elastomerwerkstoffe ermöglicht werden. Dies erlaubt langfristig eine Optimierung der Mischungen für das Einsatzgebiet. Das Projekt soll auch Anregung für die Rohstofflieferanten im Bereich der Elastomere sein, innovative Elastomerformulierungen in dem zukunftsträchtigen Bereich des Wasserstofftransports zu platzieren und Neuentwicklungen für diese Systeme anzustoßen.

Schwerpunkte & Vorgehensweise

Der Schwerpunkt des Verbundprojekts liegt in der Identifizierung und Entwicklung geeigneter Elastomerwerkstoffe für den Einsatz im Bereich des Wasserstofftransports über Leitungssysteme und Tanklastwagen. Dabei soll zum einen ein grundlegendes Verständnis für das Werkstoffverhalten unter Wasserstoffeinfluss erarbeitet werden. Zum anderen soll durch die gezielte Auswahl von Füllstoffen und Additiven eine Optimierung der Elastomere in Bezug auf Sorption, Permeation und Quellung unter Wasserstoffatmosphäre erreicht werden. Zusätzlich sollen Elastomersysteme, die bereits in Erdgasleitungen eingesetzt werden, auf ihre Tauglichkeit im Einsatz mit Wasserstoff untersucht und gegebenenfalls qualifiziert werden.

 

1.     Darstellung der aktuellen Lage der Literatur

  • Literaturrecherche zum Themengebiet Elastomere in Kontakt mit Wasserstoff
  • Zusammentragen der bereits bekannten Informationen im Bereich Elastomere im Wasserstofftransport

2.     Aufbau einer Wasserstoffalterung und Erstellung eines Versuchsplans

  • Adaptierung eines Versuchsaufbaus zur Wasserstoffbeaufschlagung von Proben unter ausgewählten Betriebszuständen bis 200 bar. Ausarbeitung eines Versuchsplans in Absprache mit den Partnern für die zu testenden Druck- und Temperaturbereiche
  • Abschätzung der Bedingungen für eine reale Darstellung der Lebensdauer in Absprache mit den Partnern
  • Materialauswahl und Compoundierung
  • Auswahl der Kautschukbasis und des Vernetzungssystems für die Versuche in Absprache mit den Projektteilnehmern
  • Auswahl der Additive und Füllstoffe in Absprache mit den Projektteilnehmern für die Entwicklung anwendungsnaher Systeme
  • Ermittlung der optimalen Misch- und Vulkanisationsparameter für den Einsatz unter Wasserstoff
  • Auswahl bestehender Dichtungen aus der Anwendung in der Erdgasinfrastruktur für die Eignung unter Einfluss von Wasserstoff

3.     Modellbildung

  • Entwicklung eines Modells für die Alterung von Elastomeren unter Wasserstoffeinfluss aus den gewonnen mechanischen und analytischen Untersuchungen für die Lebensdauervorhersage

4.     Alterung unter Wasserstoff und Charakterisierung

  • Alterung der Proben unter realitätsnahen Bedingungen für den Wasserstofftransport
  • Analytische und mechanische Untersuchungen der gealterten Proben hinsichtlich des Einflusses der Wasserstoffbeaufschlagung in Abhängigkeit der verwendeten Komponenten (Kautschuk, Additive, Füllstoffe)
  • Analytische Untersuchungen der Proben unter Wasserstoffeinfluss in Bezug auf Sorption und Diffusion
  • Anpassung der Rezepturen an die bis hier her gewonnen Erkenntnisse

Basierend auf den Ergebnissen wird der Einfluss von Wasserstoff auf Elastomere unter realitätsnahen Bedingungen im Wasserstofftransport abgebildet, mit dem Ziel, das Zusammenspiel der einzelnen Elastomerkomponenten in diesem Zusammenhang besser zu verstehen. Daraus sollen sich Handlungsempfehlungen für die Optimierung bereits eingesetzter Systeme ergeben und der bestmögliche Rezepturaufbau für Dichtungen im Wasserstofftransport entwickelt werden.