NaFiTech - Zuverlässiger Einsatz naturfaserverstärkter thermoplastischer Kunststoffe in technischen Kunststoffbauteilen

Möglichkeiten und Perspektiven von naturfaserverstärkten Kompositen

nafitech naturfaserverstärkte Kunststoffen in technischen Bauteilen

Herausforderungen, Grenzen und Potentiale naturfaserverstärkter Kunststoffe

Der Einsatz nachhaltiger Materialien und Werkstoffe ist nicht nur eine Entscheidung mit hoher ökologischer und gesellschaftlicher Relevanz, sondern auch ein strategischer Schritt. Aus dieser Motivation heraus ist es ein Ziel, klassisch verstärkte Materialien (z.B. kurzglasfaserverstärkte Polymere (GFKs)) durch naturfaserverstärkte Kunststoffe (NFKs) zu substituieren. Eine direkte Eins-zu-Eins-Substitution ist in vielen Anwendungen jedoch nicht möglich.

Naturfaserverstärkte Thermoplaste unterscheiden sich von kurzglasfaserverstärkten Kunststoffen zum Teil erheblich. Die mechanischen Eigenschaften liegen auf einem niedrigeren Niveau und haben, resultierend aus dem natürlichen Ursprung der Naturfasern, eine höhere Schwankungsbreite. Naturfasern haben eine höhere thermische Empfindlichkeit, was bei der Verarbeitung berücksichtigt werden muss. Sie neigen bei höheren Temperaturen zu einer höheren Geruchs- und Emissionsbildung. Weiterhin reagieren Naturfasern empfindlich auf Feuchtigkeitsaufnahme. Das Verhalten unter Langzeitbelastung in hochbeanspruchten Anwendungen und eventuelle Änderungen des Materialverhaltens durch äußere Einflüsse ist bislang ebenfalls nicht genügend bekannt. Zu diesen Abhängigkeiten liegen in der wissenschaftlich-technischen Literatur Untersuchungen an unterschiedlichen Beispielen für naturfaserverstärkte Kunststoffe vor. Ebenfalls finden sich Lösungen und Ansätze zur gezielten Optimierung einzelner Eigenschaften. Viele der Ansätze befinden sich jedoch noch in einem frühen Entwicklungsstadium, so dass naturfaserverstärkte Polymere gegenwärtig noch wenig in Strukturbauteilen eingesetzt werden. Daher ist es notwendig, die Herausforderungen, Grenzen und Potentiale naturfaserverstärkter Kunststoffe zu kennen und zu verstehen. Daraus lassen sich passende Strategien ableiten, um einen anwendungsspezifischen und anforderungsgerechten Einsatz dieser Materialklasse zu ermöglichen.

Das industrielle Verbundprojekt NaFiTech erarbeitet eine solide Datenbasis zur Bewertung der Möglichkeiten und Perspektiven von naturfaserverstärkten Kompositen.

Schwerpunkte & Vorgehen

Das Verbundprojekt umfasst folgende Arbeitspunkte:

  • Definition repräsentativer Anforderungsprofile an Werkstoffe und Bauteile aus dem Teilnehmerkreis
  • Recherche auf Basis von wissenschaftlicher Literatur und des Marktes hinsichtlich Naturfasern aus dem nationalen und europäischen Raum, kommerzieller naturfaserverstärkter Kunststoffe sowie Applikationsbeispielen zu Bauteilen aus naturfaserverstärkten Thermoplasten. Schwerpunkte dieser Recherche sind:
    • Verfügbare Materialien (Polymer, Fasern, ggf. weitere Additive)
    • Materialeigenschaften
    • Faser-Nachbehandlung
    • Prozesseinflussgrößen auf Werkstoffeigenschaften
  • Vergleich der mechanischen Eigenschaften kommerziell verfügbarer kurzfaserverstärkter NFKs zu kurzglasfaserverstärkten Kunststoffen auf Basis unterschiedlicher ausgewählter Polymere (z.B. Polypropylen (PP), Polylactid (PLA), niedrigschmelzendes Polyamid (PA)) mit dem Ziel der Definition ausgewählter Referenzen (maximal 5) hinsichtlich einer vergleichenden Bewertung der Materialeigenschaften innerhalb des Projekts mit folgenden Inhalten:
    • Festlegung der Materialien in Abstimmung mit den Teilnehmern
    • Bereitstellung der Materialien durch Teilnehmer
    • Herstellung von Probekörpern
    • Charakterisierung
      • Mechanische Charakterisierung
      • Gravimetrische Feuchteaufnahme
      • Thermische Eigenschaften (TGA, DSC)
  • Herstellung und Prüfung von kurznaturfaserverstärkten Kunststoffen: Es werden in Abstimmung mit dem Teilnehmer-Kreis iterativ mehrere Kampagnen bzgl. Compoundierung bzw. Spritzguss (ca. 60 Variationen) durchgeführt, um relevante Parameter einzugrenzen und grundsätzliche Abhängigkeiten zwischen Zusammensetzung, Prozessgrößen und ausgewählten Werkstoffeigenschaften zu identifizieren.
    • Festlegung der zu untersuchenden Einflussparameter und Versuchsplanung auf Basis von Recherche- und Versuchsergebnissen, z.B. hinsichtlich Material/Rezeptur (Faserart, Volumenanteil, Fasernachbehandlung, Einfluss ausgewählter weiterer Additive, etc.), Prozess (Verarbeitungstemperatur, Drehzahl, Dispergierung der Fasern)
    • Durchführung der Versuchskampagnen
      • Verarbeitung (Fasernachbehandlung, Compoundierung, Spritzguss)
      • Charakterisierung der Einzelcompounds
        • Mechanische Charakterisierung (quasi-statische Zugversuche)
        • Feuchteaufnahme
        • Thermische Beständigkeit
      • Zur Ableitung von Struktur-Eigenschaftsbeziehungen werden an ausgewählten Compounds strukturelle Charakterisierungen durchgeführt, z.B. mikroskopische Untersuchung der Grenzfläche (REM) oder Faserorientierungsuntersuchungen mittels CT
  • Zusammenfassung und Beurteilung der Ergebnisse zu naturfaserverstärkter Kunststoffcompounds:
    • Zusammenfassung der wesentlichen Einflussfaktoren auf die mechanischen Eigenschaften naturfaserverstärkter Kunststoffe in Abhängigkeit von thermischer Belastung und Feuchtigkeit und Abgleich mit dem gemeinsam definierten Anforderungsprofil
    • Beurteilung des zukünftigen Potentials naturfaserverstärkter Komposite im Vergleich zu gegenwärtig eingesetzten kurzglasfaserverstärkten Kunststoffcompounds