Ein Kunststoff-Rezyklat verhält sich oft anders als die vergleichbare Neuware: Ursache dafür sind molekulare Alterungsprozesse während der ersten Anwendung, Mischungen verschiedener Hersteller selbst bei sortenreinen Sammlungen, Verunreinigungen durch Fremdpolymere, aber auch Rückstände von Kontaktmedien. Diese Faktoren führen dazu, dass ein Rezyklat selten in der Form in der es anfällt eingesetzt werden kann. Wie kann man in so einem Fall vorgehen?
Der Zusatz von Additiven ist die Methode der Wahl. Genau wie bei Neuware üben kleine Mengen eine große Wirkung aus. Insbesondere Stabilisatoren können zu einer konstanten Verarbeitung, weniger Fehlchargen, verbesserten mechanischen Eigenschaften, geringerer Verfärbung u. a. führen, da bei den Verarbeitungsprozessen eine Schädigung des Polymeren vermieden wird. Weiterhin ist es mit Stabilisatoren möglich Rezyklate aus Kurzzeitanwendungen wie Verpackungen in Langzeitanwendungen mit entsprechender Alterungsstabilität einzusetzen. Welche Stabilisatoren wählt man nun für Rezyklate?
Forscher am Fraunhofer-Institut für Betriebsfestigkeit und Systemzuverlässigkeit LBF, Bereich Kunststoffe, Darmstadt, haben jetzt neue Stabilisatorsysteme zur Eigenschaftsverbesserung von Polyolefin-Rezyklaten, insbesondere aus Polypropylen und Polyethylen, entwickelt. Die Auswirkungen von Schädigungen werden gezielt und signifikant verringert, so dass sich die damit hergestellten Rezyklate erneut für die Verarbeitung zu anspruchsvollen Produkten eignen (Abb. 1). Die neuen Stabilisatorsysteme für Polyolefine sind wegweisend, wenn es darum geht, das Potenzial dieser Kunststoffe länger und effizienter zu nutzen (Abb. 2). Dabei basieren die neuen Systeme anteilig auf nachwachsenden Rohstoffen und tragen so zusätzlich zu einem reduzierten CO2-Eintrag in die Umwelt bei. Diese neuen Systeme werden nun zusammen mit einem industriellen Partner der Heilbronner L. Brüggemann GmbH & Co. KG kommerzialisiert.
Dass das Entwicklungsziel in kurzer Zeit erreicht werden konnte, ist auch dem kürzlich ins Leben gerufenen Forschungscluster Circular Plastics Economy CCPE® zu verdanken. Über Branchengrenzen hinweg entwickeln hier fünf Institute der Fraunhofer-Gesellschaft gemeinsam mit ihren Stakeholdern Systemleistungen für eine funktionierende zirkuläre Kunststoffwirtschaft, die von Prototypen über das Recycling bis zu Akzeptanzprozessen und Geschäftsmodellen reichen. Das Fraunhofer LBF versteht sich dabei insbesondere als Entwicklungspartner für die Qualitätssteigerung von Rezyklaten durch analytische Expertise und Formulierungsentwicklung mit Additiven.