Kunststoffverarbeitung, Sicherheit
Schmelzeverarbeitung hochgefüllter Compounds besser verstehen: Fraunhofer LBF initiiert neues Projekt
Die Abrasivität von hochgefüllten Kunststoff-Compounds während der Schmelzeverarbeitung ist in Fachkreisen ein viel diskutiertes Thema. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus dem Fraunhofer-Institut für Betriebsfestigkeit und Systemzuverlässigkeit LBF werden in ihrem neuen Verbundprojekt die Zusammenhänge zwischen Anteil und Morphologie der Füllstoffpartikel, dem Gehalt an Haftvermittlern und Rheoadditiven eingehender erforschen, um die letztlich vorliegende Abrasivität des Compounds besser verstehen zu können. Die Erkenntnisse sollen die Material- und Produktentwicklung entlang der Wertschöpfungskette von Kunststoff-Compounds optimieren.
Hochgefüllte Compounds: Vielfältig, kostengünstig und funktionell
Hochgefüllte Kunststoff-Compounds gewinnen zunehmend an Bedeutung. Eine wichtige Klasse daraus stellen zum Beispiel Compounds mit erhöhter Wärmeleitfähigkeit dar, die zur Integration von elektronischen Bauteilen dienen. Bei LED-Leuchten ermöglichen sie eine hohe Designfreiheit und kostengünstige Fertigung unter gleichzeitiger Bereitstellung der Kühlkörperfunktionalität. Eine weitere Anwendung ist in der Fertigung von hochwertig anmutenden Gebrauchsgegenständen zu sehen. Hier geht es darum, eine hohe Dichte und damit Gewicht der Produkte, beispielsweise Türklinken, zu erzielen, da letzteres bei solchen Anwendungen mit Hochwertigkeit assoziiert wird. Künftig dürften hochgefüllte Compounds in Analogie zu den wärmeleitenden Compounds auch für die Bereitstellung von elektromagnetischen Abschirmeigenschaften interessant werden.
Jedoch können solche Compounds während der Schmelzeverarbeitung eine erhebliche Abrasivität gegenüber den Maschinenkomponenten aufweisen, was den zuverlässigen und effizienten Fertigungsprozess beeinträchtigt und zusätzliche Kosten verursacht.
Zuverlässige Prozesse für die Verarbeitung von Kunststoff-Compounds
Die Abrasivität hängt nicht nur vom Füllstoffanteil und der Härte der Partikel ab, sondern auch von deren Form und der Gegenwart entsprechender Additive wie Oberflächenmodifikatoren oder Haftvermittler und Rheoadditive. In dem neuen Projekt werden für besonders bedeutsame Compounds repräsentative Formulierungen hinsichtlich Typ und Anteil des Füllstoffs, von Haftvermittlern und Rheoadditiven definiert und am Fraunhofer LBF hergestellt. Dabei werden die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die zu berücksichtigenden Verarbeitungsbedingungen genau betrachten. Das abrasive Verhalten wird mittels der von den Darmstädter Experten entwickelten Plättchenapparatur untersucht und bewertet. In dieser sind rechteckförmige Plättchen aus repräsentativen Stählen gegenüberliegend angeordnet, so dass zwischen den Plättchen ein Schlitz besteht. Durch diesen wird die Schmelze hindurchextrudiert. Die von der Schmelze hervorgerufenen Scherkräfte an der Plättchenoberfläche sind vergleichbar denen im realen Prozess. In Abhängigkeit von der Abrasivität der Schmelze kommt es an den Plättchen zum Verschleiß. Dieser wird in Form des Gewichtsverlusts der Plättchen quantifiziert. Bei nicht signifikantem Gewichtsverlust können mittels bildgebender Methoden (wie optische Mikroskopie oder Weißlichttopografie) anhand des Verschleißbilds vergleichende Aussagen gewonnen werden. Parallel zu den Verschleißuntersuchungen werden die Compounds hinsichtlich ihrer Verarbeitbarkeit rheologisch charakterisiert und mit Blick auf ihre praktische Anwendung mechanischen Standardtests unterzogen.
Für ein umfassendes Verständnis zum Verschleiß- und Verarbeitungsverhalten der Formulierungen erfolgen morphologische Untersuchungen beispielsweise durch optische oder Rasterelektronenmikroskopie.
Das als Verbundprojekt geplante Vorhaben soll branchenübergreifend angelegt sein. Dies soll eine Diskussion des Themas »Abrasivität bei der Verarbeitung hochgefüllter Compounds« über Fachgrenzen hinweg befördern, um dadurch neue, bisher nicht angedachte Aspekte und Fragestellungen zu identifizieren.
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