CompoPFAS - Compoundieren ohne PFAS in flammgeschützten Formulierungen

PFAS-frei compoundieren

Im Zuge des aktuellen PFAS-Beschränkungsfahrens der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) geraten poly- und perfluorierte Alkylsubstanzen (PFAS), die auch als „Ewigkeitschemikalien“ bezeichnet werden, zunehmend unter Druck. Der Ausgang möglicher Beschränkungen ist noch nicht vollständig absehbar. Dennoch wollen viele Anwender und Compoundeure bereits jetzt „PFAS-freie“ Compounds entwickeln und anbieten.

Heute werden PFAS-haltige Additive vor allem im Bereich der Verarbeitungshilfsmittel sowie tribologischer und flammgeschützter Compounds eingesetzt. In diesen Anwendungen erfüllen die fluorhaltigen Additive bestimmte Funktionen und sind häufig schwer zu substituieren, oftmals sind Kompromisse unerlässlich.

Am Beispiel flammgeschützter Compounds ist es einerseits die Funktion als Antitropfmittel. Hier wird häufig PTFE für Polyamide, Polycarbonate, PC/ABS, Polybutylenterephthalat eingesetzt. Anderseits werden hocheffiziente Flammschutzmittel, wie Perfluorobutansulfonat in Polycarbonaten oder fluorhaltige Farbpigmente zum Einfärben von Compounds eingesetzt. Hierbei handelt es sich zudem meist um niedermolekulare PFAS-Verbindungen, die nochmals sensibler sein dürften als die hochmolekularen PFAS wie PTFE. Unabhängig davon, ob die PFAS nieder- oder hochmolekular sind, werden Substitute gefordert. Vielfach sind diese Substitutionen nicht 1:1 möglich, da das spezielle Eigenschaftsportfolio bzw. das chemisch-physikalische Verhalten der Fluorverbindungen für die entsprechende Wirkweise verantwortlich ist. Daher ist es das Ziel des hier vorgeschlagenen Verbundprojektes, am Beispiel flammgeschützter Compounds die Wirkweise der Fluorpolymere und ihrer möglichen Substitute besser zu verstehen und die nötigen Grundlagen zur Entwicklung neuartiger flammgeschützter Compounds theoretisch und praktisch zu legen.

Projektschwerpunkte & Vorgehensweise

Zunächst werden die wesentlichen Schwerpunkte aus dem Kreise der Teilnehmer erfasst. Es werden dabei die für die Teilnehmer relevantesten Kunststoffe bzw. Polymertypen (z.B. PA, PC, PBT) definiert und die Schwerpunkte (Antitropfmittel, Flammschutzmittel und/oder Pigment) für das Vorhaben präzisiert und fokussiert. Auf Basis dieser Informationen werden bekannte Wirkzusammenhänge der fluorhaltigen, zu substituierenden Vertreter (Antitropfmittel, Flammschutzmittel, Pigmente) aus der Literatur zusammengetragen und bewertet. Daran anschließend wird die offene und Patentliteratur hinsichtlich berichteten, fluorfreien Alternativmaterialien durchsucht und eingeordnet. Soweit verfügbar, werden insbesondere berichtete Zusammenhänge zwischen Struktur und Wirkweise bzw. Wirkmechanismus sowohl für die fluorhaltigen Zusammensetzungen als auch für mögliche, berichtete Substitute zusammengetragen und bewertet.

Aus diesen Recherchen werden aussichtsreiche Ansätze und Formulierungen abgeleitet, die in der folgenden Projektphase iterativ auf Wirksamkeit überprüft werden. Zudem erfolgen Untersuchungen zur Wirkweise der gefundenen Substitute im Vergleich zu ihren fluorhaltigen Pendants, um Struktur-Eigenschaftsbeziehungen ableiten zu können.

In bis zu vier aufeinanderfolgenden Compoundier- und Spritzgusskampagnen (à 12 Compounds) werden mögliche Zusammensetzungen im Vergleich zu fluorhaltigen Referenzen hergestellt und charakterisiert. Der Fokus liegt vor allem auf dem Brandverhalten nach UL-94, LOI, ggf. ergänzt durch Cone Kalorimetrie an ausgewählten Compounds und einzelne Zug-Dehnungs-Untersuchungen (je nach anfänglich gesetzten und abgestimmten Schwerpunkten ggf. auch Farbe und Glanz). Zur Abklärung der Wirkweise der Flammschutzmittel werden weitere Untersuchungen wie die thermogravimetrische Analyse (TGA) oder Mikroskopie (z.B. Rasterelektronenmikroskopie) eingesetzt.  

Schließlich werden den Teilnehmern Handlungsempfehlungen zu möglichen Substituten, deren Bestandteilen, deren Wirkweise und möglichen Einschränkungen ausgesprochen.