Aus ökologischer und gesellschaftlicher Verpflichtung heraus, ist es das Ziel einen sehr großen Teil der anfallenden Kunststoffabfälle wieder in die Anwendung zurückzuführen. Zusätzlich dazu erfordern gesetzliche Verpflichtungen eine anteilige Nutzung von Kunststoffrezyklaten. In einigen Bereichen, z.B. im Bereich Flaschen-PET, gibt es hier bereits etablierte Kreisläufe. In technischen Anwendungen werden Kunststoff-Rezyklaten bislang jedoch nur wenig eingesetzt.
Rezyklat-Kunststoffe unterscheiden sich von Neuwarekunststoffen zum Teil erheblich. Die Unterschiede sind durch Vorschädigungen, Verunreinigungen und Mischungseffekte begründet und haben einen direkten Einfluss auf z.B. die (Langzeit-)Beständigkeit, Mechanik, Betriebsfestigkeit und weitere, für technische Bauteile, wesentliche Eigenschaften. Um Kunststoff-Rezyklate zuverlässig in technischen Anwendungen einsetzen zu können, ist ein grundlegendes Verständnis dieser Zusammenhänge sowie methodische Ansätze zur Berücksichtigung dieser Einflussgrößen in der Bauteilauslegung eine Grundvoraussetzung. Diese liegen jedoch häufig nur sehr unvollständig vor.
Treibenden Fragestellungen dabei sind beispielsweise, wie mit Chargenschwankungen umgegangen werden kann. Größeren Streubreiten in den mechanischen Kennwerten, können wiederum zu einer größeren Ausfallwahrscheinlichkeiten eines Produktes führen und im schlimmsten Fall sicherheitsrelevant sein. Daher müssen diese bei der Bemessung von Bauteilen berücksichtigt werden. Aktuell führt das zu höheren Sicherheitsfaktoren und damit verbundenen höheren Wandstärken, die dem Leichtbau und so der Ökonomie und Ökologie entgegenwirken.
Des Weiteren ist das Verhalten unter Langezeitbelastung in hochbeanspruchten Anwendungen und eventuellen Änderungen des Materialverhaltens durch äußere Einflüsse nicht genügend bekannt. Diese Merkmale müssen zwingend bei der Nachweisführung eines Produktes berücksichtigt werden, um die Produktlebensdauer einer Komponente zuverlässig abschätzen zu können.
→ Genau an dieser Stelle, soll dieses industrielle Verbundprojekt ansetzen und exemplarisch zwei unterschiedliche Rezyklatmaterialien untersuchen. Das kann beispielsweise rPP oder rPA sein, richtet sich aber nach den Anforderungen der Verbundteilnehmer und wird mit diesen vor Projektstart abgestimmt.
Dabei sollen mit den folgenden Forschungsfragen, grundlegende Wirkzusammenhänge aus Stoffstrom, Verarbeitung und Langzeitverhalten in hochbeanspruchten Anwendungen untersucht werden:
Grundlegende Literaturrecherche und Auswertung
Basierend zu den im Verbund ausgewählten Rezyklatkunststoffen wird eine orientierende Recherche verfügbarer Materialien durchgeführt und deren Eigenschaftsprofil, (Langzeit-)Verfügbarkeit, bekannter Eigenschaftsschwankungen zusammengestellt. Diese Daten werden mit eingesetzten Neuwarenmaterial abgeglichen und erste daraus resultierende Herausforderungen abgeleitet.
Ermittlung der Streubreiten unterschiedlicher Rezyklatchargen und erste Abschätzung der anwendungsspezifischen Eignung
Mit Hilfe von analytischen und mechanischen Untersuchungen wird der Istzustand der Materialeigenschaften und deren Streubreite anhand unterschiedlicher Materialchargen ermittelt. Damit kann abgeschätzt werden ob die Materialeigenschaften für die jeweilige Anwendung ausreichenden sind und an welcher Stelle Optimierungspotenzial beim Übertrag auf das Bauteil besteht.
Untersuchung der Langzeiteigenschaften
An weiterführenden Materialuntersuchungen sollen gezielt die Langzeitbelastungen unter den Wechselwirkungen aus zum Beispiel Temperatur, medialer Umgebung und überlagerter mechanischer zyklischer Beanspruchungen untersucht werden.
Dokumentation der Bemessungsmethodik
In Abstimmung mit den Verbundpartnern wird das Vorgehen zur Bemessung der Bauteile abgestimmt und fixiert. In diesem Zusammenhang wird ebenfalls eine orientierende Recherche durchgeführt, wie grundsätzlich mit der Bemessung von Kunststoffrezyklaten, nach Stand der Technik, umgegangen wird.
Anpassung der Bemessungsmethodik
Die ermittelten Materialeigenschaften fließen in eine betriebsfeste Bemessungsmethodik zur Abschätzung der Lebensdauer eines bauteilähnlichen Demonstrationskörpers ein. Mit Hilfe von Materialuntersuchungen soll ein Schnellcharakterisierung abgeleitet werden mit der eine Abschätzung der Materialeigenschaften verschiedener Chargen in kurzer Zeit möglich ist.
Bewertung des Potentials und Möglichkeiten zur Materialmodifikation
Das Potential der untersuchten Kunststoffrezyklate wird dargestellt und die kritischen Schwachpunkte benannt. Durch diese Darstellung wird es den teilnehmenden Verbundpartnern ermöglicht ihre Anforderungen gezielt an Materiallieferanten zu adressieren. Diese haben wiederum die Möglichkeiten ihre Rezepturen anforderungsgerecht anzupassen.
Die Untersuchungen werden parallel an äquivalenten Neuwarematerial durchgeführt, um so einen direkten Abgleich Rezyklat zu Neuware zu ermöglichen.
Teilnehmende Partner dieses Verbundprojekt werden befähigt:
Diese Verbundprojekt richtet sich an Firmen entlang der Wertschöpfungskette beginnend vom Granulat bis hin zum fertigen Bauteil:
Wir am LBF bringen unser Know-how, Projekterfahrung und unsere umfangreiche Ausstattung ein.