Biokunststoffe sind heute ein etablierter Teil des Kunststoffmarktes, spielen jedoch beim Gesamtvolumen der jährlichen Kunststoffproduktion nur eine untergeordnete Rolle. Ein Grund hierfür ist, dass diese grünen Werkstoffe bisher in anspruchsvollen technischen Anwendungen nur selten zum Einsatz kommen. Da die Langzeiteigenschaften unzureichend sind, werden diese Kunststoffe oft nur in Wegwerfartikeln eingesetzt und bei der Kompostierung bzw. durch energetische Verwertung vernichtet. Biopolymere für den dauerhaften Einsatz fit zu machen, ist das, was wir in diesem Verbundprojekt gemeinsam angehen wollen.
Auf Grund ihrer vielfältigen Eigenschaften sind Kunststoffe aus vielen technischen Anwendungen nicht mehr wegzudenken. Gesellschaftlicher und politischer Druck verlangen von der Kunststoffindustrie jedoch, nachhaltigere Zwischen- und Endprodukte auf den Markt zu bringen. Dies kann durch die Substitution petrobasierter Kunststoffe in diesen Anwendungen durch biobasierte gelingen. Warum dies bisher nicht möglich ist, hat neben wirtschaftlichen vor allem auch technischen Gründe, insbesondere hinsichtlich der Langzeiteigenschaften. Das gilt vor allem bei den heute primär am Markt verfügbaren thermoplastischen Biokunststoffen auf Basis aliphatischer Polyester (z. B. Polymilchsäure (PLA), Polyhydroxyalkanoate (PHA) und Polybutylensuccinat (PBS)). Auf Grund ihrer chemischen Struktur sind diese vor allem empfindlich gegenüber hydrolytischem Abbau und werden primär für kurzlebige Güter eingesetzt. Um sie für mehr Endproduzenten und Zulieferer attraktiv zu gestalten, ist es notwendig, diese Materialien fit für technische Anwendungen zu machen.
Diese Aufgabe wird in dem hier vorgestellten Verbundprojekt gelöst, indem Biokunststoffe durch Additivierung modifiziert werden, sodass die Langzeiteigenschaften mit bisher eingesetzten Materialien vergleichbar sind, ohne die Verarbeitbarkeit und die mechanischen Eigenschaften zu beeinträchtigen. Besonderer Fokus liegt dabei auf den Auswirkungen thermischer und hydrolytischer Alterung sowie einer UV-Bewitterung auf die Materialeigenschaften. Die Additivierung soll weiterhin dazu beitragen, die Materialsubstitution mit möglichst geringen Veränderungen in bestehenden Verarbeitungsprozessen der Wertschöpfungskette zu ermöglichen.
Der Teilnehmer am Verbundprojekt erhält fundierte Erkenntnisse zum Langzeitverhalten von Bio-Polyestern, wie dieses verbessert werden kann und welche technischen Anwendungen damit zugänglich werden. Struktur-/Eigenschaftsbeziehungen insbesondere mit Additiven werden erstellt und bisherige Grenzen verschoben.
Das Projekt soll darüber hinaus auch als interdisziplinäre Plattform von Akteuren der gesamten Wertschöpfungskette dienen, um zielgerichtet Lösungsansätze für die sich rund um den Themenkomplex „Biobasierte Polyester in anspruchsvollen Langzeitanwendungen“ ergebende technische Problemstellung zu erarbeiten.
Grundlegende Literaturrecherche und Auswertung
Zu den ausgewählten Biokunststoffen wird eine Literaturrecherche durchgeführt und die dabei gesammelten Erkenntnisse und Daten zusammengefasst und ausgewertet. Der Fokus liegt auf der Zusammenführung bekannter Daten zur Langzeitstabilisierung und den eingesetzten Stabilisatoren. Diese Daten werden mit denen petrobasierter Kunststoffe verglichen, um einen Benchmark zu setzen.
Erstellung eines Lastenhefts inkl. Methodenauswahl und Festlegung auf Alterungsbedingungen
Die zusammengestellten Daten werden allen Verbundpartnern präsentiert und anschließend diskutiert. Es erfolgt eine gemeinschaftliche Festlegung der zu erreichenden Materialeigenschaften unter Berücksichtigung der Abhängigkeit zu späteren Zielanwendungen, welche in Form eines Lastenheftes verbindlich dokumentiert werden. Nachfolgenden werden Bedingungen zur beschleunigten Alterung sowie Charakterisierungsmethoden zur Langzeitstabilität definiert.
Identifikation, Beschaffung und Charakterisierung kommerziell verfügbarer Biokunststoffe
Zusätzlich zu einer Literaturrecherche werden marktverfügbare Biokunststoffe sowie Biokunststoffcompounds identifiziert und für weitere Untersuchungen bzw. als Grundlage zur Formulierungsentwicklung beschafft. Anhand der verfügbaren Informationen werden die Materialeigenschaften verglichen, um eine Abschätzung über mögliche Anwendungen zu treffen. Um Lücken in den verfügbaren Materialdaten hinsichtlich Langzeiteigenschaften zu schließen, werden erste Materialtests zur Charakterisierung durchgeführt.
Identifikation kommerziell verfügbarer Additive für Polyester allg. und im speziellen für Biokunststoffe
Neben den verfügbaren Kunststoffen werden marktverfügbare Additive identifiziert. Der Fokus liegt dabei zum einen auf Stabilisatoren, welche im speziellen für Biokunststoffe entwickelt oder vermarktet wurden, aber auch auf Additiven, die in petrobasierten Kunststoffen/Polyestern zur Stabilisierung bzw. Eigenschaftsmodifikation eingesetzt werden.
Modifikation und Charakterisierung der Biokunststoffe mit kommerziell verfügbaren Additiven
Auf Basis der gesammelten Daten bei der Materialcharakterisierung sowie der marktverfügbaren Additiven werden verschiedene Formulierungen in Abhängigkeit der späteren Zielanwendung entwickelt. Anschließend erfolgt eine Compoundierung der Kunststoffe und Additive im Technikumsmaßstab.
Bewertung möglicher Anwendungen der entwickelten Compounds
Die hergestellten Compounds werden analog zu den marktverfügbaren charakterisiert und hinsichtlich ihrer Langzeiteigenschaften untersucht. Anhand der ermittelten Materialeigenschaften erfolgt eine kritische Betrachtung durch die Verbundpartner in Bezug auf die zuvor im Lastenheft gestellten Anforderungen.
Die Untersuchungen werden ggf. parallel an heute genutzten petrobasierten Werkstoffen durchgeführt, um so einen direkten Abgleich biobasiert zu petrobasiert zu ermöglichen.
Teilnehmende Partner dieses Verbundprojekt werden befähigt:
Dieses Verbundprojekt richtet sich an Firmen entlang der Wertschöpfungskette beginnend mit Herstellern von Kunststoffen und Additiven bis hin zu Unternehmen, die einzelne Bauteile in ihren Konstruktionen substituieren wollen, mit besonderem Fokus auf Entwickler und Produzenten fertiger Bauteile: