Zur Umsetzung vibroakustischer Metamaterialien existieren grundsätzlich zwei Ansätzen, die zum einen auf dem Bragg-Effekt basieren oder sich zum anderen lokale Resonanzen zunutze machen. Der Bragg-Effekt basiert auf der destruktiven Interferenz von Wellen, die durch periodische Inhomogenitäten in einer Struktur oder einem Schallfeld im Raum hervorgerufen werden. Die Lage des Stoppbandes, d.h. des Frequenzbereichs in dem keine freie Wellenausbreitung stattfinden kann, hängt dabei von der Gitterkonstante der Inhomogenitäten ab. Ausgeführte Inhomogenitäten können periodisch angeordnete Masseelemente auf einer Struktur oder Stäbe in einem Raum sein.
Stoppbänder durch Lokalresonanzen werden durch Mikrostrukturen erreicht, die in Folge ihres Schwingverhaltens zu negativen effektiven Materialeigenschaften der Gesamtstruktur führen. Die Lage des Stoppbandes ist dabei von der Resonanz der Mikrostruktur abhängig. Dies ermöglicht im Vergleich zur Erzeugung von Stoppbändern, hervorgerufen durch den Bragg-Effekt, einen größeren Gestaltungsspielraum.
Für die Umsetzung einer negativen effektiven Masse der Gesamtstruktur werden mehrere kleine verteilte Resonatoren (Schwingungstilger) auf eine Struktur angebracht. Ist der Abstand zwischen den Resonatoren kleiner als die halbe Wellenlänge der zu beeinflussenden Schwingung, entsteht ein Stoppband oberhalb der Resonanzfrequenz der verteilten Resonatoren. Resonatoren mit mehreren Resonanzfrequenzen ermöglichen die Erzeugung von zusätzlichen Stoppbändern. Hiermit kann die wirksame Frequenzbandbreite des vibroakustischen Metamaterials vergrößert oder Schwingungen reduziert werden, die durch eine Anregung mit mehreren Ordnungen entstehen.
Werden die Resonatoren um eine geeignete Aktorik, Sensorik und Regelung ergänzt, lassen sich aktive vibroakustische Metamaterialien umsetzen. Diese bieten die Möglichkeit breitere, tiefere oder im Betrieb verschiebbarer Stoppbänder zu erzeugen. Hierdurch lassen sich vibroakustische Metamaterialien an sich verändernde Randbedingungen anpassen oder es kann zusätzlich Masse eingespart werden, was aktive vibroakustische Metamaterialien im Besonderen für Leichtbaustrukturen attraktiv macht.
Die Wirksamkeit von vibroakustischen Metamaterialien ist in unterschiedlichen Anwendungsszenarien nachgewiesen. Konzepte des Fraunhofer LBF für den Einsatz von Metamaterialien zur Schwingungsminderung gehörten zu den Gewinnern des INNOspace Masters Wettbewerbs 2018 des DLR und der Challenge „Lärmlast durch Technologie reduzieren“ der IÖB im Auftrag der ASFINAG im Jahr 2020. Mit Wissenschafts- und Industriepartnern erforscht das Fraunhofer LBF in mehreren Projekten den Einsatz von vibroakustischen Metamaterialien für Anwendungen im Maschinenbau, der Automobilindustrie, in der Raumfahrt und im Bauwesen.