Die experimentelle Charakterisierung des zyklischen Werkstoff- und Bauteilverhaltens ist energie-, zeit- und kostenintensiv. Ein Paradigmenwechsel ist erforderlich, um die zukünftigen Marktanforderungen erfüllen zu können. Im Kontext von Sekundäraluminium wird deutlich, wie wichtig eine alternative Vorgehensweise zum Nachweis von zyklischen Eigenschaften wird, da mit den konventionellen Ansätzen der zeitliche Rahmen gesprengt wird.
Das Recycling von Aluminium aus bestehenden End-of-Life-Produkten und Produktionsabfällen birgt ein enormes Potenzial und benötigt lediglich 5 % der Energie, die für die Herstellung von Primärmaterial erforderlich ist. Angesichts seiner entscheidenden Rolle bei der globalen Dekarbonisierung, zielt das Projekt »Recycling technologies for circular Aluminium – RecAL«, das aus dem EU-Programm Horizon Europe unterstützt wird und 19 Partner aus 9 europäischen Ländern vereint, in Einklang mit dem Europäischen Green Deal darauf ab, das Potential dieses Rohstoffes umweltfreundlich und effizient auszuschöpfen.
Eine der großen Herausforderungen beim Recycling von Aluminium besteht darin, dass das Metall mit einer Vielzahl anderer Elemente legiert ist, die praktisch unmöglich wieder davon zu trennen sind. Die derzeitige Praxis, aus verschiedene End-of-Life Produkten Legierungen zu mischen, führt zwangsläufig zu Downcycling und einem Rückgang der verfügbaren Wertstoffe. Europa, birgt ein reiches Potential für sekundäres Aluminium, das bis 2050 voraussichtlich 50% der gesamten Aluminiumproduktion ausmachen wird. Diese potenzielle Ressourcenquelle benötigt jedoch einen zentralen Hub.
RecAL verfolgt einen umfassenden Ansatz, um diese wertvolle sekundäre Ressource zu nutzen. Es adressiert strategisch jeden Schritt des Produktions- und Wiederverwendungskreislaufs und löst Herausforderungen entlang der gesamten Wertschöpfungskette:
Mit höchstem Engagement für Innovation treibt RecAL insgesamt 14 wichtige technologische Lösungen bis zum Technologiereifegrad 6 voran, um diese in ein digitales, soziotechnisches Ökosystem zu integrieren, das als Aluminium-Hub für Kreislaufwirtschaft dienen soll. Diese interaktive Plattform fördert die direkte Zusammenarbeit zwischen allen Stakeholdern entlang der Wertschöpfungskette und unterstützt die industrielle und technologische Symbiose im Großmaßstab, indem sie Energie-, Ressourcen- und Datenkreisläufe auf regionaler und europäischer Ebene schließt.
Das Fraunhofer LBF übernimmt in diesem Konsortium die Charakterisierung des zyklischen Werkstoffverhaltens, wobei der erforderliche Aufwand zu reduzieren ist, um sicherzustellen, dass das Sekundäraluminium über die für zyklisch belastete Sicherheitsbauteile erforderlichen Eigenschaften hinsichtlich der Betriebsfestigkeit auch unter Umwelteinflüssen, insb. Korrosion, verfügt. Dies soll durch den Einsatz neuer Prüf- und Messtechnik sowie angepasster Auswertungsstrategien erzielt werden. Die zu entwickelnde Vorgehensweise entspricht einem Paradigmenwechsel und bildet den Grundstein für ein zeit- und energieeffizientes Vorgehen im Bereich des Nachweises von zyklischen Werkstoff- und Struktureigenschaft weit über RecAL hinaus.