Werften stellen überwiegend Unikate her, weshalb ihnen die Möglichkeit fehlt, ihre Produkte an physikalischen Prototypen zu verfeinern. Eine frühzeitige und effiziente rechnergestützte Vorhersage des vibroakustischen Verhaltens von Schiffsentwürfen kann daher helfen akustische Auffälligkeiten zu identifizieren, das Schiffsdesign zu optimieren und kostspielige Nacharbeit im Anschluss an Probefahrten zu vermeiden.
Am Fraunhofer LBF wurde ein methodisches Vorgehen basierend auf parametrischer, modularer und hierarchischer Modellbildung entwickelt. Der Fokus lag auf der einfachen Austauschbarkeit sowie einer schnellen und unkomplizierten Initialisierung der einzelnen Teilmodelle. Durch den gewählten Ansatz kann das Gesamtmodell während des vollständigen Entwurfsprozess verwendet werden, da die zunächst sehr einfachen Teilmodelle im Laufe des Entwurfs durch detailliertere Beschreibungen ersetzt oder Machbarkeitsuntersuchung unter Verwendung von unterschiedlicher Komponenten durchgeführt werden können. Weiterhin ist es möglich durch Parametervariationen den Einfluss sensitiver Parameter einer Komponente zu bestimmen.
Um die Übertragung von Geräuschen und Vibrationen in die Schiffsstrukturen zu simulieren, haben die Wissenschaftler des Fraunhofer LBF die relevanten Körperschallquellen numerisch modelliert. Als Anwendungsbeispiele wurden Hauptmaschinen und Pumpen untersucht, Modelle aufgebaut und mit Messdaten validiert.
Der vorgeschlagene Simulationsansatz wurde an einen skalierten Drehschwingungsversuchsstand, welcher aus einem Verbrennungsmotor, einem Rotor und einer Wirbelstrombremse aufgebaut ist, überprüft. Es wurden hinsichtlich der Quellmodellierung umfangreiche Vergleichsmessungen zur Kalibrierung der Antriebsstrang-Modelle durchgeführt. Daraufhin wurde ein numerisches Modell für den Verbrennungsmotor entwickelt und stationäre Betriebsbedingungen sowie transiente Ereignisse wie beispielsweise Zündaussetzer und Hochläufe des Motors auf Systemebene mit Matlab/Simulink simuliert.
Die vorgestellten numerischen Modelle sind Teil eines aktuell entwickelten Software-Werkzeugkastens zur effizienten Vorhersage des vibroakustischen Verhaltens eines Schiffes. Eines der Ziele dieses Werkzeugkastens ist die Identifikation der akustischen Anregungsmechanismen in einer frühen Entwurfsphase und auch parallel im Entwicklungsprozess. Durch den modularen Aufbau der numerischen Modelle ist es einfach möglich, einzelne Teilmodelle auszutauschen, um die Wirkung geeigneter Maßnahmen zur Reduktion von Schwingungen und Schall zu bewerten und abzuleiten. Darüber hinaus werden die Methoden am Fraunhofer LBF weiterentwickelt, wodurch sie sich in Zukunft auf Anwendungen über den Schiffbau hinaus eignen werden.
BMWi, Förderkennzeichen 03SX305, Partner: Fachgebiet Systemzuverlässigkeit, Adaptronik und Maschinenakustik SAM der Technischen Universität Darmstadt, Flensburger Schiffbau-Gesellschaft mbH & Co. KG, Fr. Lürssen Werft GmbH & Co., Novicos GmbH, Technische Universität Berlin, Technische Universität Hamburg-Harburg, Howaldtswerke-Deutsche-Werft GmbH und TKMS Blohm + Voss Nordseewerke GmbH