HEATelligent - Eisfrei - Klare Sicht für Radarsensoren auch im Winter

Beheizbare, selbstregulierende Kunststoffe für Sensorgehäuse

Beheizbare, selbstregulierende Kunststoffe für Sensorgehäuse

Mit dem autonomen Fahren steigen die Anforderungen an zuverlässige Sensoren. Insbesondere bei kalten Witterungseinflüssen darf auf deren Oberfläche keine Kondensat- oder Eisschicht entstehen. Im gemeinsam mit der ALLOD Werkstoff GmbH und der Neo-plastic Dr. Doetsch Diespeck GmbH durchgeführten und vom BMBF geförderten Projekt HEATelligent wurden neue Werkstoffe und Konzepte zur Lösung dieser Probleme entwickelt.

Zuverlässige Radarsensoren

Mikrowellen, die von Radarsensoren ausgestrahlt und empfangen werden, werden von Eiskristallen stark reflektiert, wodurch es zu Fehlinformationen kommt. Die Enteisung der Radarsensoren innerhalb kürzester Zeit und auch während der Fahrt ist somit ein sehr wichtiges Thema, um autonomes Fahren realisieren zu können. Stand der Technik sind aktuell Gehäusesysteme, die mit Heizdrähten beheizt werden. Hierbei ist ein großer Nachteil, dass ein engmaschiges Netzwerk aus Heizdrähten benötigt wird, um eine homogene Erwärmung der Oberfläche gewährleisten zu können. Dadurch befinden sich zwangsläufig Heizdrähte im Austrittsfenster der Radarwellen und führen hier zu einer starken Dämpfung des Signals. Darüber hinaus benötigt die Heizung eine Temperaturerfassung und -regelung, die zusätzliche Kosten verursacht und das Gewicht des Fahrzeugs erhöht.

Abbildung 1: Temperaturabhängige Leitfähigkeit eines PTC-Matereials
Abbildung 2: Temperaturverlauf über die Zeit eines bestromten PTC-Materials, © ALLOD Werkstoff GmbH

Kunststoffe, die selbst ihre Temperatur regeln

In HEATelligent wurde daher ein Gehäusematerial entwickelt, bei dem keine externe Heizung in Form von zusätzlichen Heizelementen erforderlich ist. Das hier entwickelte Material besitzt selbstregulierende Eigenschaften, d.h. es erreicht bei Bestromung eine gewünschte Temperatur, übersteigt diese jedoch nicht. Realisiert wurde dies mit einem Material mit einem positiven Temperaturkoeffizienten (PTC: Positive Temperature Coefficient) des elektrischen Widerstandes. Durch Ausnutzung des PTC-Effekts werden weder zusätzliche Temperatursensoren noch eine gesonderte Steuerelektronik für die Abschaltung benötigt.

Kunststoffe mit PTC-Effekt enthalten leitfähige Füllstoffe (z.B. Ruß). Bei Bestromung heizt der Kunststoff sich auf, wodurch es zur Volumenausdehnung kommt und die leitfähigen Füllstoffe größere Abstände zueinander einnehmen. Leitfähige Pfade werden dadurch unterbrochen, und das Material heizt sich nicht weiter auf. Beim Abkühlen werden diese leitfähigen Pfade wieder hergestellt, so dass sich bei konstanter Bestromung ein Gleichgewichtszustand bei einer für das Material typischen Temperatur einstellt (Abbildung 1 und 2).

HEATelegent, eisfreie sensoren im winter
Abbildung 3: Schematische Darstellung der Zielmorphologie: Schwarz/weiß - Leitfähige Komponente, Blau - Schaltkomponente; Rot - Gerüstkomponente

Ternäres Blendsystem

Eine Herausforderung war dabei, möglichst wenig Füllstoff einzusetzen, um die mechanischen Eigenschaften nicht zu stark zu beeinträchtigen. Darüber hinaus sollte eine ausreichende Formstabilität auch bei erreichter Maximaltemperatur gewährleitet sein bei gleichzeitig sehr guten PTC-Schalteigenschaften. Gelöst wurde das Problem durch ein ternäres Blendsystem, bei dem der Ruß in einer der Komponenten lokalisiert vorliegt. In dieser Komponente befindet sich dispers verteilt ein niedrigschmelzendes Polymer als Schaltkomponente. Beide zusammen liegen in einer cokontinuierlichen Morphologie mit eine Gerüstkomponente vor. Letztere sorgt für die mechanische Stabilität und Wärmeformbeständigkeit (Abbildung 3). Die Grundlagen für diese Materialkombination wurden im Fraunhofer LBF im Labormaßstab geschaffen und von ALLOD für einen produktionstauglichen Prozess weiterentwickelt.  

Beheizbare, selbstregulierende Kunststoffe für Sensorgehäuse
Abbildung 4: Bauteilähnlicher Probekörper für ein beheizbares Gehäuse aus einem PTC-Material mit aufgedruckten Elektroden, © ALLOD Werkstoff GmbH

Da auch ein leitfähiger Kunststoff eine starke Dämpfung des Radarsignals bewirkt, wurde zur finalen Zielerreichung des Projektes von den Projektpartnern für das Gehäuse ein Konzept mit einem wärmeleitfähigen, radartransparenten Fenster entwickelt und umgesetzt (Abbildung 4).

Förderung und Partner

Die Entwicklung der Radarsensorgehäuse wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert.

Konsortialpartner:

  • Allod Werkstoff GmbH & Co. KG
  • Neo-plastic Dr. Doetsch Diespeck GmbH

»Mit den in HEATelligent gemeinschaftlich entwickelten Erkenntnissen lassen sich eine Vielzahl neuer Leichtbaulösungen für die Elektromobilität und das Autonome Fahren realisieren. Weiterhin wurde durch die gemeinsame Projektarbeit ein tiefgreifendes Verständnis der Verteilung von Ruß in unterschiedlichen Phasen von Polymerblends erarbeitet, das in hochleitfähigen Kunststoffblends transferiert werden kann, so dass neue Anwendungsgebiete erschlossen werden können.«

Dr. Dagmar Koppler, ALLOD Werkstoff GmbH, Geschäftsführung