Mechanische Charakterisierung von Kunststoffen für die Wasserstofftechnologie

zugproben wasserstoff

In Elektrolyseuren und Brennstoffzellensystemen werden häufig Kunststoffe eingesetzt, beispielsweise als Dichtungen oder als strukturelle Elemente in Leitungen, Tanks und Gehäusen. Diese Materialien sind dabei Gasen und Flüssigkeiten ausgesetzt, die oft saure oder alkalische Eigenschaften aufweisen.

Für die Gestaltung und den sicheren Betrieb von Kunststoffbauteilen ist es entscheidend, das mechanische Verhalten der Materialien unter diesen Bedingungen zu verstehen. Daher ist es notwendig, die relevanten Einflussgrößen bereits bei der Materialcharakterisierung zu berücksichtigen. Dazu gehört auch die Vielzahl möglicher mechanischer Beanspruchungen in den genannten Systemen, die unter unterschiedlichen Belastungsgeschwindigkeiten und Frequenzen auftreten können, wie z. B. bei quasi-statischen Lasten, Kriechlasten, zyklischen Ermüdungsbelastungen und hochdynamischen Beanspruchungen im Crash- oder Impactfall.

Verhalten unter flüssigen Medien, extremen Temperaturen oder kombinierten Beanspruchungsszenarien

Die Frage der Medieneinwirkung bezieht sich nicht nur auf den direkten Kontakt mit Wasserstoff. Je nach Anwendung können auch spezielle Anforderungen an das Verhalten unter flüssigen Medien, extremen Temperaturen oder in kombinierten Beanspruchungsszenarien relevant sein. Ein Beispiel sind Brennstoffzellen, in denen Kühlflüssigkeiten bei hoher Temperatur auf Kunststoffbauteile einwirken.

An Anwendungsbedingungen angepasste mechanische Methoden

Am Fraunhofer LBF stehen verschiedene mechanische Methoden zur Untersuchung solcher Belastungsszenarien zur Verfügung, die spezifisch an die jeweiligen Anwendungsbedingungen angepasst werden können. Die gewonnenen Messwerte und daraus abgeleiteten Materialeigenschaften helfen dabei, Kunststoffe, Elastomere und Composite hinsichtlich ihres mechanischen Verhaltens zu charakterisieren. Diese Daten dienen zudem als Eingangsparameter für strukturmechanische Modelle und Simulationen, bei deren Erstellung das Fraunhofer LBF Unterstützung anbietet.

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Verschiedene zyklische Prüfmaschinen zur Untersuchung von Kunststoffen in flüssigen Medien

Im Folgenden sind die verfügbaren Methoden zusammengefasst. Die spezifischen Untersuchungsmöglichkeiten hängen von der jeweiligen Anwendung ab.

Zyklische Ermüdung in flüssigen Medien

  • Kraftbereich: bis 0,001 kN - 63 KN
  • Lasttyp: Axial, Torsion, Mehraxial, Innendruck
  • Innendruck: bis 270 bar
  • Temperaturbereich: -75 °C bis 200 °C
  • Flüssige Medien:
    • z.B. Kühlflüssigkeiten, Öle und nicht-entflammbare Medien
    • Korrosive und entflammbare Medien in Absprache
  • Frequenz: 1 - 50 Hz
  • Dehnungserfassung: Dehnungsaufnehmer, optische Anrissüberwachung
thermoplastische tankliner materialien druckwasserstoff
Charakterisierung von thermoplastischen Tankliner-Materialien unter Druckwasserstoff

Zyklische Ermüdung und quasistatischer Zug in Druckwasserstoff

  • Kraftbereich: bis 63 KN
  • Lasttyp: Axial
  • Druckbereich bis 50 bar
  • Temperaturbereich: –40 °C bis 130 °C
  • Gasförmige Medien:
    • Wasserstoff (Konzentration bis 99.9999)
    • Stickstoff (bis 10 bar)
  • Dehnungserfassung: Dehnungsaufnehmer
kunststoffe unter Einfluss von Wasserstoff
Aufbau zum Kriechen von faserverstärkten Thermoplasten in flüssigen Medien. Die hochpräzise Dehnungserfassung erfolgt optisch über ein Kamerasystem.

Kriechen und quasi-statischer Zug in flüssigen Medien

  • Kraftbereich: bis 5kN (4 Kanäle), bis 10 kN (1 Kanal)
  • Lasttyp: Axialer Zug, Mehraxial (Innendruck)
  • Druckbereich: Atmosphärendruck (Zug), 270 bar (Innendruck)
  • Flüssige Medien:
    • z.B. Kühlflüssigkeiten und teiltransparente Medien
  • Temperaturbereich: 23°C bis 120 °C (Medienabhängig) 
  • Dehnungserfassung: optische Grauwertkorrelation
Biaxiale Prüfmethode für Elastomere unter hohen und tiefen Temperaturen. Die Gummiplatte (mit einem weißen Streifen markiert) wird kreisförmig eingespannt und von unten mit Druckluft aufgeblasen, während gleichzeitig die Dehnung der entstehenden Blase optisch erfasst wird. Die Prüfung findet bei -40°C statt.

Mehraxiale Prüfung von Elastomeren unter hohen und tiefen Temperaturen

  • Kraftbereich:
    • Uniaxialer Zug, Planarzug, Druck: bis 30 kN
    • Biaxialer Aufblasversuch: bis 6 bar (Luft)
  • Lasttyp:
    • Uniaxialer Zug, Planarzug, Druck & biaxialer Zug (Aufblasversuch)
    • Die Untersuchungen können statisch, zyklisch oder als Kriechprüfung durchgeführt werden.
  • Temperaturbereich: -40°C bis 200 °C
  • Dehnungserfassung: optische Grauwertkorrelation oder Dehnungsaufnehmer

Benefit:

Bauteile sicherer auslegen: Präzise Messungen unter extremen Bedingungen, zuverlässige Materialdaten für komplexe Anwendungsbedingungen

zugproben wasserstoff
Untersuchung von Zugproben bei einer Abzugsgeschwindigkeit von 5 m/s und -40°C

Hochdynamische Charakterisierung von vorkonditionierten Proben bei hohen und tiefen Temperaturen

  • Kraftbereich: bis 50 kN
  • Lasttyp: Axialer Zug, Durchstoß
  • Geschwindigkeit: bis zu 20 m/s
  • Proben werden vor der Prüfung in flüssigen Medien vorkonditioniert
  • Temperaturbereich: -35°C bis 75 °C
  • Dehnungserfassung: optische Grauwertkorrelation