Polyethylen (PE) und Polypropylen (PP) sind neben Polyethylenterephthalat (PET) die kommerziell relevantesten Kunststoffe mit den breitesten Anwendungsportfolios. Nach dem Durchlaufen ihres ersten Lebenszyklus gelangen diese Produkte entweder in die Gelbe Tonne oder werden, gemeinsam mit Restmüll, gesammelt und stellen den Post-Consumer-Abfall dar. Eine zentrale Herausforderung bei der zielgerichteten Entwicklung von Rezyklatkunststoffen aus diesem Stoffstrom besteht darin, die sich je nach geografischer Herkunft und Sammlungszeitraum wechselnden chemischen Zusammensetzungen der sortierten PE- und PP-Abfälle detailliert zu bestimmen. Im Gegensatz zu Neuwaren spielt die Identifizierung und Quantifizierung von Minderheitsanteilen (z.B. geruchswirksame flüchtige Bestandteile oder Verunreinigungen mit anderen Polymeren) eine bedeutsame Rolle, da diese bereits in geringen Mengen die Qualität des Rezyklats mindern und somit die Anwendung einschränken können. Hier besteht ein großer Entwicklungsbedarf im analytischen Arbeitsablauf an einer zeit- und ressourceneffizienten Charakterisierung von polymeren und nichtpolymeren Verunreinigungen in der Polymermatrix.
Die Analyse von PE- und PP-Abfallströmen weist im Gegensatz zu der von PE- und PP-Neuwaren zusätzlichen Herausforderungen auf, z. B. deren Inhomogenität an Verunreinigungen und Alterungseffekten. Erschwerend kommt hinzu, dass die meisten Analysenverfahren nur Probenmengen im Milligramm-Bereich benötigen, und somit Inhomogenitäten innerhalb eines Abfallstroms nicht erfassen. Für die Verarbeitung der Abfallströme ist es jedoch von großer Bedeutung, dass die Analysenergebnisse repräsentativ für die gesamte Abfallcharge sind. Daher erarbeitete das Fraunhofer LBF maßgeschneiderte Probenentnahme- und -präparations-Strategien, die unter Berücksichtigung von Statistik eine Optimierung der Repräsentativität gewährleistet.
Bei Rezyklaten aus Post-Consumer-Abfällen ist generell ein breites Spektrum an Verunreinigungen und Abbaueffekten zu erwarten, dass eine große Herausforderung an die Analytik stellt. Hierzu bedarf es einer tiefgehenden Charakterisierung, die nur durch ein breites Spektrum an Methoden (Chromatografie sowie deren Kopplung mit spektroskopischen und spektrometrischen Detektoren, Thermoanalysen, Feuchtigkeits- und Elementanalytik) erreicht werden kann. Darüber hinaus werden an spritzgegossenen Prüfkörpern anwendungsorientiere mechanische Test wie z.B. Zugprüfung und Schmelzrheologie durchgeführt. Unter Einbezug multivariater Auswertungsmethoden gelang es somit ein breites Spektrum an PE- und PP-Abfallstoffströmen umfassend zu analysieren und hinsichtlich Qualität zur Wiederverwendung zu bewerten.
Die am Fraunhofer LBF entwickelte Rezyklatanalytik eignet sich auch für andere Abfallstrom-Arten, wie z. B. Polystyrol (PS). Darüber hinaus können mit der Analyse von nichtpolymeren Verunreinigungen auch regulatorische Bedenken und Verarbeitungshindernisse angesprochen werden. Dies eröffnet für Entwickler und Verarbeiter von Rezyklaten neue Perspektiven, welche die Ergebnisse in ihrer Material- und Prozessentwicklung einsetzen können.