Projekt AltElast
Technische Elastomere werden aufgrund ihrer elastischen Eigenschaften in Form von Dichtungen oder schwingungsdämpfenden Gummi-Metall-Lagern eingesetzt und sind in der heutigen Zeit unverzichtbar. Im Betrieb sind die technischen Elastomere äußeren Umwelteinflüssen ausgesetzt, wie zum Beispiel Sauerstoff, Feuchtigkeit, erhöhten Temperaturen und anderen Medien. Vor allem erhöhte Temperaturen können das Materialverhalten sowohl reversibel als auch irreversibel beeinflussen. Dabei kann die Temperaturerhöhung durch externe Wärmequellen als auch durch Eigenerwärmung unter dynamischen Belastungen hervorgerufen werden. Bei technischen Elastomeren ist das Ermüdungsverhalten stark von der Temperatur abhängig und kann die Lebensdauer signifikant verkürzen.
Hierbei sind die zwei folgenden Effekte in der Literatur zu unterscheiden. Schwingfestigkeitsuntersuchungen haben gezeigt, dass die Wöhlerkurven (S-N curves) unter erhöhten Temperaturen eine parallele Verschiebung aufweisen. Temperaturen können aber auch unter Einwirkung von Sauerstoff zu irreversiblen Änderungen in der Netzwerkstruktur führen. Dieser, thermo-oxidative Alterung genannte Effekt beeinflusst viele mechanische Eigenschaften, darunter Steifigkeit, Zugfestigkeit und Shore-Härte. Die Vorgänge können auch bei geringen Temperaturen stattfinden und führen bei technischen Elastomeren zu vorzeitigem Versagen, da das Material versprödet. Im Gegensatz zum Testen unter erhöhten Temperaturen zeigen die Schwingfestigkeitsuntersuchungen von vorausgelagerten thermo-oxidativ gealterten Proben, dass sich neben einer parallelen Verschiebung der Kurven ebenso die Neigung verändern kann.
Das primäre Ziel dieses Projektes ist ein Prüfverfahren zu entwickeln, bei dem die Alterungseffekte in kurzen, gerafften Laborversuchen ermittelt und in einer numerischen Methode auf das Langzeitverhalten übertragen werden können. Der hierfür notwendige, neue mathematische Ansatz soll auf Basis des Arrhenius-Ansatzes entwickelt und speziell auf den Bereich der Lebensdaueranalyse angewendet werden.
Hierfür wird im ersten Schritt die Degradation bei unterschiedlichen Lastniveaus betrachtet, da die Untersuchungen eine deutliche Abhängigkeit der Neigung von der Alterung zeigen. Über ein entsprechendes Modell werden die charakteristischen Alterungsstufen erfasst. Im Anschluss kann der Lebensdauerabfall in Abhängigkeit des Lastniveaus spezifiziert werden. Validierungsversuche sollen die Qualität der Extrapolation ermitteln.
Im Ergebnis soll durch das Projekt ein vollständiges Prüfverfahren konzeptioniert werden, welches sowohl die Definition der erforderlichen, zeitlich gerafften Alterungsversuche beschreibt, als auch eine rechnerische Auswertemethode zur Verfügung stellt, mit der die Daten erfasst und auf reale Temperaturbedingungen übertragen werden können. Hierbei sollen auch die Streuung der Versuchsergebnisse sowie die darauf bezogene Interpretation der Rechenergebnisse in besonderer Weise betrachtet und bewertet werden.
Am Fraunhofer LBF wird der Temperatureinfluss auf die reversiblen und irreversiblen Vorgänge eingehend untersucht. Das Material ist eine rußgefüllte Naturkautschuk-Mischung mit einer Shore-Härte von 60 ShA und damit eine gängige Mischung im Automobilbereich. Als Materialprobe wird ein S2-Stab nach der ASTM D4482 Norm eingesetzt und als Bauteil ein Gummi-Metall-Lager in Form eines Motorlagers. Die Proben werden bei sechs Temperaturstufen [80 °C, 85 °C, 90 °C, 95 °C, 100 °C, 110 °C] und Auslagerungszeiten in einem Bereich von 1 bis 128 Tagen in einem Temperaturofen mit Frischluftzufuhr bei konstanten Bedingungen gealtert. Die Schwingfestigkeitsuntersuchungen wurden bei Raumtemperatur durchgeführt. Die Auswertung erfolgt basierend auf der Wegamplitude. Die Kurven wurden mit der Maximum Likelihood Methode regressiert.
Die Untersuchungen zur thermo-oxidativen Alterung zeigen einen signifikanten Einfluss auf die Neigung der Wöhlerlinien, wodurch vor allem bei größeren Amplituden das Material stärker geschwächt wird. Dieser Effekt ist bei der Auslegung von technischen Elastomeren zu berücksichtigen. Ein vollständiges Konzept soll hierfür erarbeitet werden.