Kunststoffe sind ein wichtiger Faktor, wenn es um nachhaltige, gewichtsoptimierte Leichtbaustrukturen geht. Einsatz finden Kunststoffe z. B. in Gehäusen und Bipolarplatten von Brennstoffzellen, Faserverbunden und Linern in Wasserstoffdrucktanks, Dichtungskomponenten, Rohrleitungen und Pipelines. Es ist geplant eine Vielzahl von existierenden, kunststoffbasierten Systemen, zukünftig auch im Wasserstoffbereich einzusetzen (z. B. im Erdgasnetz). Für die Mehrzahl von Kunststoffmaterialien, ob Elastomere, (faserverstärkte) Thermoplaste oder Duromere liegen aber aktuell, wenn überhaupt nur sehr begrenzte Kenntnisse zu ihrem Verhalten im Wasserstoffkontext vor. Dies gilt insbesondere für das Langzeitverhalten.
Bei Kunststoffen im direkten Wasserstoffkontakt stehen vor allem das mechanische Verhalten, die chemische und physikalische Alterung, die Sorptions- bzw. Diffusionseigenschaften, sowie das Quellverhalten bei Medienaufnahme im Fokus. Dies kann unterschiedliche Druck- und Temperaturbereiche betreffen, vom Niederdruckbereich bis 3 bar in Brennstoffzellen, über mittlere Druckbereiche bis 35 bar in Rohrleitungen, bis zum Hochdruckbereich > 200 bar bei der Druckgasspeicherung.
Die Fragestellung des Materialverhaltens umfasst dabei aber nicht nur den direkten Kontakt mit Wasserstoff. Je nach Anwendung können auch besondere Anforderungen hinsichtlich des Verhaltens unter flüssigen Medien, Temperaturen oder komplexen Beanspruchungsszenarien relevant sein. Als Beispiel seien hier Brennstoffzellen genannt in welchen Kühlflüssigkeiten auf Kunststoffbauteile einwirken.
Bei der Prüfung von Materialproben ist es zwingend erforderlich die relevanten Einflussgrößen auf die Materialeigenschaften zu berücksichtigen. Dies umfasst auch die Vielfalt möglicher mechanischer Beanspruchungen in den genannten Systemen. Diese können unter unterschiedlichen Belastungsgeschwindigkeiten und Frequenzen wirken: z.B. als Kriechlasten, zyklischen Ermüdungslasten und hochdynamischen Beanspruchungen im Crash – oder Impactfall.
Durch die einzigartige interdisziplinäre Verknüpfung der Expertise am Fraunhofer LBF in den Bereichen Materialentwicklung, Analytik, Werkstoffprüfung und Auslegungsmethoden erarbeiten wir in öffentlichen Forschungsprojekten und bilateralen Kundenprojekten Lösungen, um zuverlässige Kunststoffbauteile für die Wasserstofftechnologie zu entwickeln.
Das Fraunhofer LBF bietet hierzu ein breites Spektrum an maßgeschneiderten Prüfungen und Methoden auf der Material- über Proben- bis hin zur Gesamtsystemebene an. Dabei steht die anwendungsnahe Berücksichtigung aller relevanten Einflüsse in der Prüfung im Fokus. Diese erlaubt es Wechselwirkungen von Medien, Alterungseffekten und mechanischen Eigenschaften zu erkennen und unter Betrachtung der Materialstruktur verstehen und vorhersagen zu können. Die Ergebnisse fließen ein in Methodenentwicklungen für die Bauteilauslegung über Struktursimulationen. Projektbeispiele in diesem Zusammenhang umfassen das Kriechen von anisotropen Gehäusematerialien in Medien, den Einfluss von Wasserstoff auf das mechanische Verhalten von Kunststoff-Linern in Drucktanks und die Untersuchung des H2-Sorptionsverhaltens von Kunststoffproben unter hohem Druck. Um das Verhalten von Faser-Kunststoff-Verbunden im Wasserstoffdrucktank unter Realbedingungen beurteilen können, werden im Projekt Hymon Methoden zur Strukturüberwachung und Schädigungsdetektion entwickelt. Im LBF-Verbundprojekt Hydrotransseal werden im Kontext von elastomeren Dichtungswerkstoffen, Methoden der Materialoptimierung durch gezielte Modifikationen über Additivierung und Füllstoffauswahl untersucht.
Das Fraunhofer LBF ist wichtiger Entwicklungspartner für Kunststoffbauteile in Wasserstoffsystemen, wenn es um die Unterstützung bei der Werkstoffauswahl, der Bewertung, sowie bei der materialgerechten Auslegung und Verarbeitung geht.