KI-Anwendungshub Kunststoffverpackungen

Nachhaltige Kreislaufwirtschaft durch Künstliche Intelligenz

Im European Green Deal fordert die EU-Kommission zukünftig einen Anteil von 30 % wiederverwerteter Kunststoffe in Verpackungsanwendungen. In Europa werden etwa 40 % des Kunststoffbedarfs für Verpackungen verwendet, für die zirkuläre Verwertungswege zur Verfügung  stehen. Dennoch stehen zurzeit keine ausreichenden Mengen an recycelten Kunststoffen (Rezyklaten) zur Verfügung, um dieses Ziel zu erfüllen. Besonders Rezyklate, die für Lebensmittelverpackungen zugelassen werden können, stellen derzeit eine große Herausforderung dar. Hierfür müssten unter anderem die aktuellen Sortierqualitäten stark erhöht werden. Methoden der Künstlichen Intelligenz (KI) haben ein hohes Potenzial, bei der Lösung dieser komplexen Probleme zu unterstützen. Mit der Fördermaßnahme „KI-Anwendungshub Kunststoffverpackungen – nachhaltige Kreislaufwirtschaft durch Künstliche Intelligenz“ treibt das Bundesministerium für Bildung und Forschung daher die Anwendung von KI-Methoden für eine ressourceneffiziente Wiederverwertung von Kunststoffverpackungen in Deutschland voran.

Der KI-Anwendungshub Kunststoffverpackungen besteht aus den beiden Innovationslaboren KIOptiPack (Design und Produktion) und K3I-Cycling (Kreislaufschließung). KIOptiPack konzentriert sich auf die Bereiche Material, Design und Produktion. K3I-Cycling betrachtet die Prozesse Sammlung, Logistik, Sortierung, Trennung und Aufbereitung. Damit bilden die beiden Innovationslabore zusammen den gesamten Wertschöpfungskreislauf von Kunststoffverpackungen ab. Insgesamt arbeiten mehr als 50 Partner aus Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft im KI-Anwendungshub eng zusammen.

Das Fraunhofer LBF leitet ein Arbeitspaket im Innovationslabor K3I-Cycling und bringt seine jahrelange praktische Erfahrung mit Kunststoffrezyklaten auch in anderen Arbeitspaketen ein.

Unterstützung der KI-gestützten Sortierung

Unter Rezyklat versteht man das Produkt, welches nach dem Recyclingprozess marktverfügbar ist. Meist handelt es sich hierbei um Regranulate, die anschließend zu ihrer neuen Anwendung verarbeitet werden. Bevor es allerdings zur Regranulierung kommen kann, müssen einige Aufbereitungsschritte durchlaufen werden. Diese zielen primär darauf ab, Verunreinigungen von der Gebrauchsphase zu entfernen, sowie möglichst reine Fraktionen desselben Kunststofftyps zu generieren. An dieser Stelle wird im KI-Anwendungshub nachgeschärft, indem außerdem Störstoffe, welche die nachgelagerte Aufbereitung erschweren, bereits auf Artikelebene – also, bevor das Material zerkleinert wird – identifiziert und aussortiert werden sollen. Das LBF unterstützt an dieser Stelle durch analytische Daten über die Qualität der produzierten Rezyklate und stellt somit ein Rahmenwerk bereit, um die Kunststoffe, welche aus der verbesserten Sortierung gewonnen werden, einordnen und den technologischen Fortschritt quantifizieren zu können. Im Zuge dieses Vorhabens wurden mehrere Workshops innerhalb des Projekt-Konsortiums durchgeführt, um eine Harmonisierung der Datenweitergabe entlang der Wertschöpfungskette zu erzielen und die relevanten Kriterien, welche die Sortierung verbessern können, zu erkennen. Hier wurden die Schnittstellen bei der Kommunikation der unterschiedlichen Glieder der Recyclingkaskade identifiziert, bei denen Handlungsbedarf besteht. Darüber hinaus wurde die Datenqualität selbst auf mögliche Angleichungen untersucht. Damit einher geht die Überarbeitung der DIN SPEC 91446 über die Materialklassifizierung für Kunststoff-Rezyklate, welche selbst bereits einen wichtigen Meilenstein für die Harmonisierung der Datenweitergabe im Kunststoffrecycling darstellt.

Benchmarking derzeitiger Rezyklat-Qualitäten

Die Qualität von Rezyklaten hängt von mehreren Faktoren ab, die für eine ganzheitliche Betrachtung untersucht werden sollten. Für die Anwendung sowie das Verarbeitungsverhalten entscheidend sind der Gehalt an Fremdpolymer oder anderen Bestandteilen wie Füllstoffe, der Abbaugrad und niedermolekulare Verunreinigungen, welche regulatorische Relevanz haben können. Hier sind insbesondere Geruchsstoffe zu nennen, welche das Rezyklat bereits in geringen Mengen für diverse Anwendungen unbrauchbar machen können. Am Fraunhofer LBF liegt besonderer Fokus auf der Bestimmung des Fremdpolymergehalts und des Abbaugrads; es wurden allerdings gemeinsam mit Projektpartnern ebenfalls regulatorisch potenziell relevante Verunreinigungen analysiert. Unterschiedliche Kunststoff-Rezyklate, welche mit aktueller, state-of-the-art Sortierung generiert wurden, konnten somit auf die genannten Qualitätskriterien hin bewertet und klassifiziert werden. Diese Daten können im nächsten Schritt als Grundlage für die Überprüfung der Verbesserten Sortierqualität dienen und geben außerdem Anhaltspunkte für nachgelagerte Optimierungsansätze durch entsprechende Nach-Additivierung.

Verbesserung von Folien aus Kunststoff-Rezyklat durch passende Additivierung

Kunststoffe können durch die Zugabe geeigneter Additive aufgewertet und für bestimmte Anwendungen besser zugeschnitten werden. Typischerweise werden Stabilisatoren zugegeben, die je nach Anwendung, die Verarbeitungs- und die Langzeitstabilität des Materials gewährleisten. Im Kontext von Rezyklaten sind außerdem insbesondere solche Additive relevant, die den Geruch sowohl kurz- als auch langfristig mindern können. Zu dieser Fragestellung wurden am LBF unterschiedliche Untersuchungen im Rahmen des Innovationslabors K3I-cycling durchgeführt. Außerdem werden unterschiedliche Kompatibilisatoren eingesetzt, um Folien aus Rezyklaten herzustellen. Da Folien häufig in Verpackungsanwendungen vorkommen, ist dieser Schritt für die Kreislaufschließung von Bedeutung. Kompatibilisatoren sind Zusätze, welche die Mischbarkeit verschiedener Kunststoffe verbessern. Auf diese Weise können die Rezyklate trotz der Fremdpolymergehalte, die zurzeit zu erwarten sind, dennoch in hochwertigeren Anwendungen zum Einsatz kommen.

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© Kay Herschelmann