Im Hinblick auf die anthropogene Klimaänderung sind es vor allem die Treibhausgase (THG) und hier die CO2-Emissionen, die es im Kontext der Verkehrsträger einzuordnen gilt: Weltweit ist der Straßenverkehr für rund 18 Prozent des Ausstoßes von CO2 verantwortlich und in Deutschland wird mehr als 70 % des gesamten Güterverkehrs auf der Straße transportiert.
Die durchschnittlichen, in Deutschland primär durch Lkw mit Dieselmotoren verursachten Treibhausgas-Emissionen betrugen im Jahr 2019 rund 111 Gramm CO2 je Tonnenkilometer. Speziell die mittleren Lkw nutzen beim Volumentransport im leichten Verteilerverkehr – also beispielsweise in der Anlieferung aus Warenzentrallagern oder im Paketservice – ihre Nutzlastkapazität nur unterdurchschnittlich aus und weisen deshalb besonders hohe Emissionen je Tonnenkilometer auf (Abb. 1).
Die dort typischen Fahrstrecken umfassen große Anteile von Stadt- und Außerortsverkehr mit häufigen Leerlauf- und Beschleunigungsphasen. Im Fraunhofer LBF wurden umfangreiche Untersuchungen sowie Interviews mit Speditionen durchgeführt, um die Fahrstrecken im leichten Verteilerverkehr zu beschreiben und mit bestehenden Fahrzyklen vergleichen zu können (Abb. 2).
Eine Vielzahl von Strecken- und Geschwindigkeitsszenarien von 12 Tonnen Lkw wurden im Rahmen einer neu entwickelten Softwareumgebung zur Bestimmung von Energie- und Leistungsbedarfen untersucht. Gegenüber den heute üblichen 5 l großen Dieselmotoren mit Leistungen um 150 kW haben elektrische Maschinen einen sehr viel besseren Wirkungsgrad, was einen unmittelbaren Effizienzgewinn verspricht und eine der großen Stärken der Elektromobilität ist. Nachteilig ist bekanntermaßen die geringe Energiedichte elektrochemischer Speicher, was speziell bei Nutzfahrzeugen zu sehr großen und schweren Energiespeichern führt. Die Energieeffizienz von Straßenfahrzeugen ist also nicht allein von den Traktionsantrieben, sondern vor allem auch von der Traktionsenergie abhängig: Batterieelektrische Fahrzeuge für den Verteilerverkehr benötigen für eine Fahrstrecke von 200 Kilometern eine Batteriekapazität von deutlich mehr als 200 kWh, was einer Zusatzmasse von rund 2,5 Tonnen entspricht. Die gerade beim Nutzfahrzeug großen Fahrstrecken machen deshalb alternative Formen der Energiespeicherung notwendig. Wasserstoff wird sich als eine solche Alternative zukünftig entwickeln, die Marktdurchdringung aber noch viel Zeit benötigen.
Ein gleichermaßen wirtschaftlicher und sofort verfügbarer Weg zur emissionseffizienten Traktionsenergie ist die Nutzung generatorisch produzierter elektrischer Energie – mit Hilfe effizienter, stationär betriebener Verbrennungskraftmaschinen für die mittlere Traktionsleistung sowie elektrischer Maschinen zur Umwandlung der kinetischen Energie bei der Fahrzeugverzögerung. Deshalb waren nicht die elektrischen Maschinen, sondern die Wärmekraftmaschine im Stationärbetrieb sowie der Energiespeicher zur vollständigen Integration der Rekuperationsenergie die Schwerpunkte in einem Teilprojekt zum „Hocheffizienten Antriebsstrang für Nutzfahrzeuge unter Berücksichtigung der nationalen Mobilitäts- und Wasserstoffstrategie“ (HANNAe): Gemeinsam mit dem Produktbereich „Neue Antriebssysteme“ des Fraunhofer ICT haben die Forschenden des Fraunhofer LBF einen speziellen, für die Anforderungen des leichten Nfz-Verteilerverkehrs optimierten generator-elektrischen Antriebsstrang ausgelegt. Die zentralen Komponenten sind dabei ein für den Betrieb mit gasförmigen Brennstoffen ausgelegter 3-Zylinder Motor mit einer konstanten Leistung von 50 kW sowie ein 32 kWh großer Li-Ionen Energiespeicher mit LFP-Hochleistungszellen. Die damit für den Antrieb des generator-elektrischen Fahrzeugs (GEV) zur Verfügung stehende Leistung und Energie ist für typische Tagesfahrstrecken von bis zu 300 km vollkommen ausreichend und bedeuten keine Einschränkungen gegenüber konventionellen Diesel-Lkw.
Mit der auf die durchschnittliche Leistungsanforderung ausgelegten stationären Wärmekraftmaschine sowie dem besonders kompakten Hochleistungsenergiespeicher für Spitzenleistungen bis 250 kW sind die Komponenten der GEV-Technologie besonders masse- und kosteneffizient. Aufgrund der deutlich reduzierten Kraftstoffkosten würde sich der Mehrpreis des generator-elektrischen Lkw innerhalb von zwei Jahren amortisieren und die CO2-Emissionen deutlich reduziert (Abb. 3).
Mit biogenen oder synthetischen Kraftstoffen können diese Emissionen weiter verringert werden und mit einer Entwicklung von besonders effizienten Energieerzeugern – wie z. B. Stirlingmotor oder Brennstoffzelle – lassen sich noch deutlich weiterführende Perspektiven erkennen. Wesentlich für die Gesamteffizienz schwerer Straßenfahrzeuge ist auch eine möglichst vollständige Integration der generatorisch erzeugten Bremsenergie. Das wird hier durch besonders leistungsfähige und alterungsbeständige Zellen gewährleistet, die den Aufbau eines verhältnismäßig kleinen und kompakten Speichers ermöglichen. Dies ist eine der besonderen Kompetenzen an der Forschungsstelle.
Diese Ergebnisse sind Teil der Forschungsarbeiten im Projekt »Hocheffizienter Antriebsstrang für Nutzfahrzeuge unter Berücksichtigung der nationalen Mobilitäts- und Wasserstoffstrategie HANNAe«, das mit dem Ziel eines wirksamen Innovationsimpulses im Rahmen des von der Bundesregierung beschlossenen Konjunktur- und Krisenbewältigungspakets (»Corona-Folgen bekämpfen, Wohlstand sichern, Zukunftsfähigkeit stärken«) im Zeitraum August bis Dezember 2020 bearbeitet wurde.