Alternativer Antrieb durch ev-Trailer

Hochvolt-Energiespeicher in Leichtbauweise für elektrifizierte Sattelauflieger.

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Der Verkehrssektor ist mit einem Anteil von 18 % der drittgrößte Verursacher von CO2-Emissionen in Deutschland. Im Bereich des Güterverkehrs haben die LKW einen Anteil von rund 72 Prozent an der gesamten Transportleistung. Deshalb beschlossen das Europäische Parlament und die Europäische Kommission im Februar 2019 verbindliche Ziele für die CO2-Minderung von schweren Nutzfahrzeugen. Neben einer verbesserten CO2-Bilanz befördern auch die Diskussionen über Innenstadt-Fahrverbote für Diesel-Fahrzeuge die Entwicklung und Nutzung von LKW mit alternativen Antrieben. Aktuelle Studien gehen davon aus, dass im Jahr 2030 in Deutschland ein Viertel aller neuen LKW mit alternativen Antrieben verkauft werden. Speziell für den Langstrecken-Gütertransport und die dort üblichen Fahrleistungen sind batterieelektrische Fahrzeuge aufgrund sehr hoher Massen und Kosten für die elektrochemischen Energiespeicher allerdings ein schwierig umzusetzendes Konzept.

Lithium-Ionen Zellen als Speicher

Für die Elektrotraktion von Straßenfahrzeugen werden überwiegend elektrische Drehfeldantriebe zusammen mit Energiespeichern auf Basis von Lithium-Ionen Sekundärzellen eingesetzt, da diese Zellen ihre Eigenschaften über eine große Anzahl von Lade- und Entladevorgängen behalten. Im neuen Energiespeichersystem von »evTrailer« werden zylindrische NMC-Zellen im Formfaktor 18650 und mit einer nominellen Kapazität von 3.000 mAh sowie einer Nominalspannung von 3,6 V eingesetzt. Diese Rundzellen können vergleichsweise kostengünstig produziert werden und besitzen durch ihr Gehäuse, in der Regel aus vernickeltem Stahlblech, eine vergleichsweise hohe Steifigkeit und Robustheit. Die NMC-Zellen verfügen über eine verhältnismäßig große, auf ihre Masse bezogene Speicherkapazität – in diesem Fall 213 Wh/kg – wie sie für den Aufbau masseeffizienter Traktionskomponenten in der Elektromobilität notwendig sind.

Gewichts- und thermoeffizient

Das aus diesen Zellen aufgebaute Energiespeichersystem stellt eine Nennspannung von 605 V und eine Bruttokapazität von 100 kWh zur Verfügung. Alterung und Kapazitätsabbau von Lithium-Ionen-Batterien (LIB) werden durch hohe und tiefe Temperaturen, hohe Lade- und Entladeraten sowie Ladezustand und kalendarische Effekte stimuliert: Folgen sind die Abnahme der Zellkapazität und eine Verringerung der Leistungsfähigkeit aufgrund erhöhter Innenwiderstände. Deshalb berücksichtigt das Batteriemanagementsystem (BMS) der Energiespeicher von »evTrailer« immer Vorhalte hinsichtlich des Tiefentladeschutzes, der Kaltstartfähigkeit und der Selbstentladung sowie der Zellkapazitätsasymmetrien.

Spezielle Akku-Verbinder und ultraleichtes Gehäuse

Die Rundzellen werden mit jeweils 240 Zellen zu 12s20p Modulen zusammengefügt. Hierfür haben die Forscherteams spezielle Stromverbinder aus elektrolytisch vernickeltem Kaltband entwickelt und punktgeschweißt, um größere Querschnitte und damit einen geringeren Strombelag als Bonddrähte zu gewährleisten, was zu einer verbesserten elektrischen Sicherheit und Haltbarkeit führt. Das Energiespeichersystem wurde aus insgesamt 42 Modulen aufgebaut, die in zwei Reihen übereinander und mit einer zwischen diesen beiden Reihen liegenden Kühlplatte angeordnet sind. Damit wird die thermische Belastung für alle Einzelzellen ausgeglichen und ‚hot spots‘ vermieden. Trotz einer Masse allein von 475 kg für die gesamte Anzahl der Zellen konnte die Gesamtmasse des Energiespeichers einschließlich Kühlsystem, BMS und Gehäuse auf knapp über 600 kg begrenzt werden. Das hierfür notwendige Leichtbaukonzept für das Gehäuse nutzt fortschrittliche Sandwichstrukturen und glasfaserverstärkte Thermoplaste. Damit wird ein für Hochvolt-Energiespeicher besonders günstiges Verhältnis zwischen Zellmasse und Gesamtgewicht von 0,8 realisiert. Eine solche Ultraleichtbaulösung ist nur möglich, weil bei Energiespeichern, die zwischen den Fahrzeuglängsträgern und wenigstens 700 mm über der Fahrbahn angeordnet sind, keine Fahrzeugcrashtests durchzuführen sind.

CO2-Minderung auch auf Langstrecken

Mit dem Konzept des »evTrailers« wird eine deutliche CO2-Minderung für schwere Sattelzüge auch auf Langstrecken und mit sehr vertretbaren techno-ökonomischen Aufwand hinsichtlich der Fahrzeugtechnik und Ladeinfrastruktur erreicht. Für den Aufbau eines besonders kosteneffizienten, mit jeder Zugmaschine kombinierbaren Sattelaufliegers wurde ein mit Dünnschichtsensorik beschichteter Königszapfen sowie eine eigene Steuerungs- und Regelungstechnik entwickelt. Damit kann die Kommunikation zur Sattelzugmaschine auf das Protokoll des elektronischen Bremssystems (EBS) beschränkt bleiben. Der unter dem vorderen Ladeboden des Aufliegers verfügbare Bauraum wird konsequent für die Integration einer größeren Traktionsbatterie genutzt und macht neben der Bremsenergierückgewinnung auch eine kurzzeitige Traktionsunterstützung sowie Schalt- und Lastpunktverschiebung der Sattelzugmaschine möglich.
Damit sind Kraftstoffeinsparungen von über 30 Prozent im Verteilerverkehr sowie deutlich mehr als 10 Prozent bei unterbrechungsfreien Fahrstreckenlängen bis 400 km möglich. Die Option des autarken Fahrens im Logistikzentrum ist ein weiterer Pluspunkt, der zu einer günstigen Bewertung der Gesamtwirtschaftlichkeit dieses Konzepts beiträgt.